Ein unabhängiges Leben mit HAE – Erwartungshaltungen
Mit Hereditärem Angioödem (HAE) werden Belastungen spürbar, die weit über medizinische Symptome der Krankheit hinausgehen. Ein Leben, das von der Unsicherheit über mögliche Attacken geprägt ist, führt häufig zu bewussten und unbewussten Einschränkungen im Alltag – nicht selten sind sie selbst auferlegt. Die Angst vor unkontrollierbaren Schwellungen ist einfach zu groß. Die aktuelle WAO/EAACI-Leitlinie bietet diesbezüglich eine neue Perspektive: Sie setzt auf Attackenfreiheit als oberstes Behandlungsziel und fordert eine individualisierte Therapie, um so jeder Patientin und jedem Patienten ein normales Leben zu ermöglichen.1 Das bedeutet auch, sich über Erkrankungen und Therapie-Management möglichst keine Gedanken mehr machen zu müssen. Aktuell kann das nur durch eine, zu den persönlichen Lebensumständen passende, Langzeitprophylaxe erreicht werden.
Paradigmenwechsel in der Patientenversorgung – Leitlinienziele1:
- Attackenfreiheit als oberstes Therapieziel:
Moderne prophylaktische Therapien sollen nicht nur die Häufigkeit und Schwere der Attacken reduzieren, sondern sie idealerweise so gut wie möglich verhindern. - Individuell angepasste Therapieoptionen:
Die Behandlung soll auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten abgestimmt sein, um deren berufliche, soziale und persönliche Lebensziele zu unterstützen. - Sicherstellung der Notfallversorgung:
Alle Patientinnen und Patienten sollten Zugang zu effektiven Akutmedikamenten haben, um im Falle einer unerwarteten Attacke schnell und wirksam reagieren zu können. - Regelmäßige Bewertung der Lebensqualität:
Ein dynamischer Behandlungsansatz berücksichtigt die kontinuierliche Verbesserung der Lebensqualität als entscheidendes Kriterium.
Mehr rund um die aktuelle Leitlinie kannst du hier nachlesen
Selbst auferlegte Einschränkungen überwinden
Chronische Erkrankungen führen oft zu unbewussten Erwartungshaltungen im Alltag. Berufliche Entscheidungen, Freizeitgestaltung oder soziale Aktivitäten werden vorsorglich eingeschränkt, um sich dem Risiko einer Attacke gar nicht erst auszusetzen. Um sich dagegen zu wappnen, ist es sinnvoll, sich der zugrunde liegenden Verhaltensmuster und Ängste bewusst zu werden und aktiv zu hinterfragen, ob die Einschränkungen tatsächlich notwendig sind oder auf Übervorsicht beruhen könnten. Dafür braucht es Vertrauen in die eigene Therapie.
Blick in die Zukunft
Die aktuelle Leitlinie eröffnet eine Perspektive, in der Patientinnen und Patienten mit HAE uneingeschränkt aktiv am Leben teilnehmen können. Aktivitäten wie Reisen, Sport oder das Verfolgen beruflicher und persönlicher Ziele sollten nicht länger durch die Angst vor Attacken beeinträchtigt werden. Tipps für eine solche Lebensweise bieten wir auf dieser Seite.
Jetzt rückt die präventive Behandlung in den Fokus – und die Kombination aus medizinischem Fortschritt und einem patientenzentrierten Ansatz macht einiges möglich.
Allerdings erfordert die Umsetzung dieser Leitlinie eine enge Zusammenarbeit zwischen Patientinnen und Patienten und dem Behandlungsteam. Menschen mit HAE sollten regelmäßig auf moderne prophylaktische Therapien evaluiert und bei Bedarf umgestellt werden.
Wer mehr über Shared Decision Making erfahren möchte, liest hier weiter.
(1) Maurer M et al. The international WAO/EAACI guidline for the management of hereditary angioedema – the 2021 revision and update. Allergy. 2022;77:1961–1990